Land der Kirchen, Steine und Ladas: Armenien. Das Land kam aufgrund einer Familienfeier auf den diesjährigen Reiseplan. Ein neues Reiseziel in einer mir bisher unbekannten Region, dem Südkaukasus. Ein Land mit bewegter Geschichte mit einer prägenden landeseigenen Kirche, der armenisch-apostolischen Kirche. Wir waren anlässlich der Feier vier Tage im Land und nutzten die Chance, uns ein wenig umzuschauen in der Hauptstadt Yerevan und Umgebung. Die analoge Spiegelreflex war natürlich dabei.
Jahrhundertealte Klöster und Kirchen prägen Armenien. Wir besuchten zunächst das Kloster Khor Virap aus dem 17. Jahrhundert, unmittelbar an der türkischen Grenze und vor der imposanten Kulisse des über 5000m aus der Ebene herausragenden Berg Ararat. Der Ararat gilt als Sehnsuchtsberg der Armenier, liegt heute jedoch auf türkischem Staatsgebiet. Dem kirchengeschichtlich geneigten Leser ist der Berg als der Ort bekannt, an dem die Arche Noah strandete. Khor Virap ist die dem Ararat nächste Stelle Armeniens, was die Bedeutung des Ortes für die Bevölkerung erhöht. Am Tag unseres Besuchs war die Sicht auf den Berg leider eher schlecht.
Das Interieur der Kirche wirkte recht schlicht und wie aus einer anderen Zeit.
Die ehemalige Hauptstadt und mittelalterliche Festung Amberd war ebenfalls einen Tagesausflug von Yerevan wert.
Neben der Festung gibt es eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert, die gut erhalten und restauriert ist. Wir trafen dort interessanterweise auf deutsche Pilger, die vor Ort zelteten.
Armenisch ist übrigens eine interessante Sprache. Sie zählt zum indogermanischen Sprachstamm und hat Gemeinsamkeiten mit dem Griechischen, aber andererseits auch Wörter aus dem benachbarten Iran, also Persisch. Das armenische Alphabet wurde im 5. Jahrhundert von einem Mönch kredenzt.
Amberd liegt auf etwa 2300m Höhe. Die Landschaft rundherum ist spektakulär.
Auf dem Weg zurück von Amberd sahen wir mitten im Nichts, fernab eines Dorfes, einen kleinen Tisch am Straßenrand, einen Wohnwagen und Bienenstöcke. Dort verkaufte dieser freundliche Imker seinen Honig. Lecker. Nach erledigter Transaktion ließ er sich gerne in der Abendsonne ablichten.
Das Besondere am nächsten besuchten Kloster, Geghard, sind in den Fels geschlagene Räume bzw. Höhlen.
Die Landschaft südlich von Yerevan war erneut spektakulär.
Und ab und zu ziert – wie überall in Armenien – ein Lada das Bild. Es ist unglaublich, wie viele Ladas in diesem Land unterwegs sind, interessanterweise oft in weiß. Die Suche nach dem eigenen Auto auf dem Supermarktparkplatz macht das nicht unbedingt einfacher. Diese Autos scheinen jedenfalls sehr robust zu sein.
Nun gut, nicht jeder Lada war in bester Verfassung.
Unser Fahrer fand die Landschaft vermutlich auch schön, die Straßen dafür jedoch ziemlich uncool. Die Stoßdämpfer seines Autos hatten in der Stadt bei kleinen Unebenheiten schon zu kämpfen. Auf den buckligen, mit Schlaglöchern übersäten Landstraßen hörte der Spaß für ihn auf. Grimmige Blicke waren angesagt.
Die Verständigung mit unseren Fahrern war meist etwas schwierig. Lingua franca Armeniens ist aufgrund der Sowjetgeschichte russisch, mit englisch ist nicht viel zu holen. Einmal hatten wir jedoch Glück: ein Taxifahrer war einst in der DDR als Grenzsoldat postiert und hatte sich dort einen beachtlichen Wortschatz aufgebaut auf den Eckpfeiler-Vokabeln „Achtung!“, „Halt!“ und „Stehen bleiben!“. Er nannte mich „Hans“.
Nach der langen Tour wurde abends gegrillt bei der Familie. Dabei darf traditionelles Lavash-Brot nicht fehlen – das holten wir in der Bäckerei nebenan ab. Zwei Damen backten dort unglaublich gutes Fladenbrot im Minutentakt. Die hintere Dame rollt den Teigfladen, die vordere formte ihn nochmal und „klebte“ ihn dann in den Ofen im Boden vor ihr. Eine Minute später ist der Fladen fertig. Hut ab vor dieser Akkordarbeit – ohne Klimaanlage direkt am Ofen und bei 35 Grad Außentemperatur. Was bei uns der Betriebsrat dazu sagen würde.
Zum Abschluss etwas schwere Kost. In der Hauptstadt Armenien, Yerevan, führt nur bedingt ein Weg vorbei an der jüngeren Geschichte des Landes. Zentraler Bestandteil dieser Geschichte ist der Genozid an den Armeniern Anfang des 20. Jahrhunderts. Daran erinnert die Gedenkstätte „Zizernakaberd„, dem Yad Vashem Armeniens. Eine ewige Flamme umgeben von zwölf Pylonen und ein gespaltener Obelisk erinnern an die Opfer. Ein Museum schildert den historischen Hergang des Genozids.